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1958

in Halle/Saale geboren

1975-77

Besuch des Abendstudiums der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Halle, Burg Giebichenstein

1978-83

Studium und Diplom an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Halle, Burg Giebichenstein, im Fachbereich Freie künstlerische Glasgestaltung bei Prof. Rüdiger Reinel

ab 1983

freischaffend in Dresden tätig

1987

Geburt des Sohnes, Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR, dann im Sächsischen Künstlerbund e.V.

seit 1992

Mitbegründerin und Mitglied der Fördergemeinschaft Kunst Loschwitz e.V., Mitglied im BBK.

Ausstellungen Marion Hempel

1982

München „Exempla, Jugend gestaltet“

1983

Berlin „Junge Künstler der DDR“

1985

Dresden 11. Bezirkskunstausstellung X. Kunstausstellung der DDR

ab 1983

freischaffend in Dresden tätig

1987

Hannover Kunsthandwerk aus der DDR

1988/89

Erfurt „Glasgestaltung der DDR“

1990

Dresden 12. Bezirkskunstausstellung

1992

Bremen Wanderausstellung „Internationales Flachglas Immenhausen – 36 Frauen aus 12 Ländern

1993

Köln

1993

Düsseldorf

1996

Berlin/West

1997

Chartre(F)

1998

Bielefeld

2000

Japan

2001

Erfurt Ausstellungsbeteiligung

2002

Dresden in der Gruppe ZEBRA

2003

Pirmasens

2004

Rostock

2005

Meißen „Zeitgenössische Angewandte Kunst in Sachsen“

2006

Taunusstein

2007

Carcans Maubisson (F)

2008

Bordeaux (F)

2009

Dresden  „Fragiles“ Glas und Keramik mit Katarina Gnauck in der Galerie an der Schwebebahn

2010

Bad Sulza Personalausstellung Exupery „Der kleine Prinz“

2011

Dresden „Wasserspiele“ mit Uwe Hempel im Ortsamt Loschwitz

2012

Munster 3. internationale Ausstellung Glasplastik und Garten

2013

Dresden „Künstler am Elbhang“ Orangerie Schloss Pillnitz

2020

Dresden Ausstellung im Regierungspräsidium Dresden im Rahmen des Cocoonprojektes

2020

Dresden Galerie „Kunst und Design“

2021

Radebeul Personalausstellung Galerie Hoffmann

2021

Munster 4.Internationale Ausstellung Glasplastik und Garten

2021

Prerow Seefahrerkirche und Kantorhaus Medingen Glashaus

2022

Prerow Seefahrerkirche und Kantorhaus

2022

Sommergalerie im Hofefeld

Über Marion Hempel

Die Arbeiten der Glasgestalterin Marion Hempel sind keine Glasmalerei im traditionellen Sinne. Immer wieder sprengen sie die Grenzen der Zweidimensionalität, sind als stark strukturierte Flächen, als Reliefs oder auch als voluminöse Körper erfahrbar. Die Bandbreite ihrer Glasarbeiten reicht dabei von der kleinformatigen, gemäldeartigen Kabinettscheibe, der Spiegelfassung und dem Paravent über großflächige Glasfenster, die meist als Auftragswerke für sakrale oder profane Versammlungsräume ausgeführt werden, bis hin zu großen, freiplastischen Glas Metallskulpturen für den öffentlichen Raum. Die besonderen ästhetischen und materiellen Qualitäten des Werkstoffes kommen in diesen Arbeiten auf sehr unterschiedliche Art zur Geltung. So nutzt die Künstlerin ihren reichen praktischen Erfahrungsschatz, um die Möglichkeiten des Glases in verschiedene Richtungen hin auszuloten. Im Laufe des künstlerischen Gestaltungsprozesses setzt sie unterschiedliche Techniken ein, experimentiert mit neuen Technologien und verschiedenartigen Rohstoffen und macht dabei erzielte ungewöhnliche und unerwartete Resultate ihren Werken zu Nutzen.

Ausschlaggebend für die Entscheidung zu einer bestimmten Technik ist bei Marion Hempel stets die Idee des Kunstwerkes, die mitunter auch den Prozess seiner Entstehung selbst prägt. Stets geht der eigentlichen Gestaltung eine Phase intensiver in haltlicher Auseinandersetzung mit dem Thema der Arbeit vor aus. Dies gilt sowohl für komplexe, determinierte Auftragswerke als auch für Werke, die, einem inneren Drang folgend, gleichsam in eigenem Auftrag entstehen. Der gedankliche Weg hin zum Kunstwerk, sei er von inneren Konflikten oder Harmonie begleitet, schlägt sich jedoch nicht zwangsläufig in dessen Gestalt nie der. Einige der Glasarbeiten von Marion Hempel sind geprägt durch eine frappierende Klarheit, Ausgewogenheit und innere Stabilität, andere sprechen von Kampf, von Abbruch und Zerrissenheit. Eine diesbezügliche Tendenz in die eine oder andere Richtung lässt sich im Œuvre der Künstlerin bislang nicht aus machen; jeder neuen Aufgabe begegnet sie mit großer Offenheit natürlich stets im Rahmen ihrer abstrakten, von Zeichen und Symbolen begleiteten Formensprache.

Eng sind die Sphären des Privaten, sehr Persönlichen und des künstlerischen Berufes im Leben Marion Hempels miteinander verbunden: Die gebürtige Hallenserin absolvierte ein einjähriges Praktikum in einem Betrieb der Glasindustrie, bevor sie 1978 das Studium an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung in Halle, Burg Giebichenstein, aufnahm. Die fünfjährige Ausbildung im Fachbereich Freie künstlerische Glasgestaltung bei Rüdiger Reinel beendete sie mit dem Diplom. Das Jahr 1983 brachte für ihr privates wie berufliches Leben einen Wendepunkt. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Metallgestalter Uwe Hempel, ließ sie sich am Dresdener Elbhang nieder, einer traditionsreichen, besonders durch die Malerei geprägten Kunstlandschaft. Die ersten Jahre ihrer freiberuflichen künstlerischen Arbeit waren begleitet von grundlegenden Problemen existenzieller Art. Das gemeinsame Haus in Dresden-Wachwitz musste unter widrigen Umständen zunächst zur Wohn- und Arbeitsstätte ausgebaut werden, während man sich im unmittelbaren Umfeld wie auch seitens der Stadt gegenüber künstlerischer Produktion, die sich der angewandten Kunst verschrieben hatte, eher bedeckt hielt.

Marion Hempel widmete sich dennoch von Beginn an großen, anspruchsvollen Aufträgen, die von staatlichen und privaten Unternehmen als auch von kirchlicher Seite an sie herangetragen wurden. Beispielhaft seien die Innengestaltung einer Reihe von Konferenzräumen im Ausbildungszentrum der Planeta Druckmaschinen AG in Radebeul bei Dresden und die umfang reichen Glasarbeiten für das Gemeindezentrum ,,Martin-Luther King-Haus“ in Hoyerswerda genannt. In großformatigen Werken wie der Deckenverglasung und den Glasfenstern für das Kreis haus Bad Schwalbach, die Anfang der 90er Jahre nach Marion Hempels Entwürfen ausgeführt wurden, sind einige der ihr Schaffen prägenden Gestaltungsmittel auszumachen. Die große Glasdecke im Foyer überspannt einen weiten, von ständiger Un ruhe geprägten Raum, dem sie zugleich als Lichtquelle zu dienen hat. Marion Hempel hat die Ambivalenz dieser Situation in ihrer Deckengestaltung aufgegriffen und gleichsam gebannt. Eine klare, geometrische Rahmenform in signalartigem Rot wird durchbrochen und überwuchert von netzähnlichen Strukturen, die wie Fragmente eines Gitters erscheinen und als Moment der Irritation, der Störung in die Komposition eingedrungen sind. Die Konfrontation gegensätzlicher Dinge, das Vereinbaren von un vereinbar erscheinenden, widersprüchlichen Elementen sind Leitideen, die für das Schaffen von Marion Hempel nach ihrer eigenen Aussage von größter Wichtigkeit sind. In dieser Hinsicht nimmt das Schwalbacher Deckenbild in ihrem Werk eine wichtige Stellung ein und kann zur Orientierung für die Begegnung mit vielen späteren Arbeiten der Künstlerin dienen.

In den Folgejahren entstehen weitere große Auftragsarbeiten, vor allem für kirchliche Versammlungs- und Andachtsräume, aber auch für medizinische Einrichtungen und für den öffentlichen Raum. Marion Hempel schafft Glaskunstwerke, die von großem ästhetischen Reiz und positiver Ausstrahlung sind, die den Betrachter oder Raumnutzer einer ruhig-meditativen Stimmung ausliefern. Parallel dazu gestaltet sie Glasfenster und -skulpturen sowie Arbeiten auf Papier und Holz von komplizierter formaler Struktur. Sie transportieren sichtbar komplexe Inhalte und wen den sich mit hohem Anspruch an den Rezipienten. Mit keinemihrer Werke verbindet die Künstlerin jedoch die Erwartung eines ihr Schaffen unmittelbar nachvollziehenden, intellektuellen Erkennens. Die sinnliche oder emotionale Annäherung, selbst der haptische Genuss des Betrachters sind ihr dagegen überaus wichtig. Einige ihrer Werke, etwa der Andachtsraum des Altenpflegeheims Neufriedstein in Radebeul bei Dresden, lassen einen solchen unbeschwerten Zugang mühelos gelingen. Wie leichte Schleier liegen beschnittene, gestauchte, feine weiße Netzfiguren über der großen, teils durchsichtigen Scheibe und werden von einer blauen und einer tiefrot gefärbten Glasfläche hinterfangen. Die daraus resultierenden Lichtverhältnisse im Raum, der durch die gestalterische Offenheit in der Verglasung auch eine optische Kontaktaufnahme mit der umgebenden Außenwelt ermöglicht, unterstreichen und unterstützen seinen Zweck in erstaunlicher Weise.

Die Mitwirkung des Tageslichts spielt im Schaffensprozess selbst, vor allem aber beim Betrachten der Glasfenster in Innen räumen, für die Werke Marion Hempels eine entscheidende Rol le. So scheinen Effekte wie das Durchscheinen grüner Laubmassen, etwa in der Fenstergestaltung für das Foyer der Sophienklinik in Bad Sulza, von vornherein mit einbezogen worden zu sein. Andere, kleinformatige Kabinettscheiben, die oft in Begleitung eines großen Auftrages für den privaten Raum entstehen, werden gar im Freien installiert, wo ihre teilweise vegetabile Formenwelt mit der umgebenden in einen eigenartigen Wettstreit tritt.

Einen Höhepunkt ihm Schaffen von Marion Hempel bilden zweifellos die künstlerischen Verglasungen für das Gemeindezentrum ,,Edith Stein“ in Wolfen. In den aus hochformatigen Scheiben bestehenden Fenstergruppen für den Kirchsaal, den Altarraum, die Kapelle und den Beichtraum verarbeitete sie zum einen Erfahrungen, die sie aus der intensiven Beschäftigung mit der Persönlichkeit Edith Steins (geboren 1891 – ermordet im Konzentrationslager Auschwitz 1942) gewonnen hatte und setzte sich darüber hinaus in einer Reihe weiterer Glasfenster mit Grundaussagen der katholischen Theologie auseinander. Die be achtenswerte Intensität und inhaltliche Dichte dieser Arbeiten wird durch Marion Hempels kraftvolle, starkfarbige Gestaltungen wirkungsvoll unterstrichen. Gerade die Edith Stein gewidmete Dreifenstergruppe mit ihren starken Blau-Weiß-Gelb Kontrasten und der vielteiligen, durch historische Symbole und Zeichen angereicherten, klaren Formensprache, dem Kontrast von Fläche und Linie, von Vertikale und Horizontale, von Ruhen dem und Schwebendem sprechen eine Sprache, die über das intellektuell Vorgegebene weit hinausgeht. In den übrigen Fenstern des Sakralraumes dominiert tiefes dunkles Rot. Die Künstlerin war sich der im Zusammenhang mit der Eucharistie naheliegenden Deutung als das Blut / der Leib Christi durchaus bewusst, als sie sich für diese Fenstergestaltung entschied. Der kompakte Rot-Schwarz-Klang der Kapellenfenster ist atemberaubend, zu mal er jeweils von einem gleichsam schwebenden Netzgespinst überfangen ist. Marion Hempel hat hier größere, starkfarbige Flächen, die im Inneren und an den Rändern aufgerissen sind, zu filigranen Netzstrukturen und offenen Lineaturen, zu strukturierten folieartigen Partien und fest umgrenzten geometrischen Figuren in Beziehung gesetzt. Die Expressivität und Symbolkraft dieser Glasfenster geht weit über deren primär christlich intendierte Inhalte hinaus und vermag auch den gedanklich unbeteiligten Betrachter völlig in ihren Bann zu ziehen.

Eine weitere Facette der Auseinandersetzung mit existenziellen Grundfragen des Lebens findet in einer Werkgruppe ihren Widerhall, mit der Marion Hempel schließlich die Koordinaten der Zweidimensionalität verlässt. Seit mehreren Jahren beschäftigt sie sich mit der Gestaltung freiplastischer Körper, Glas Metall-Installationen, die in unterschiedlicher Form das Thema des Kokons variieren. Begriffspaare wie Offenheit und Geschlossenheit, Außenwirkung und Verinnerlichung sind im Prozess des Entstehens ihrer Kokonskulpturen für die Künstlerin von großer Wichtigkeit. Runde Glaskörper, die nach ganz unterschiedlichen Technologien entstehen, werden entweder von einem metallischen Spiralmantel umhüllt, auf ein ballonartiges Metallgerüst aufgeschmolzen oder in Einzelteilen in einen Rahmen montiert. Sie stehen für ein natürliches, aus dem Tierreich bekanntes Phänomen, das für die Künstlerin zur Metapher wird, zur Spiegelung eines menschlichen Zustandes. Als Halm- oder Wickelkokons, als große Geflechte oder als „,Zeppelin“ installiert sie ihre Glaskörper sowohl als Freiplastiken im Naturraum wie auch als hängende Skulptur in einem hohen Innenraum, wo sie an ent sprechender Stelle ein Zeichen geben für die Verletzlichkeit alles Natürlichen.

Das Werk Marion Hempels rankt sich um einige wesentliche Themen existenzieller Natur, deren Lösung sie sich auf verschiedene Art in ihren Glaskunstwerken immer wieder neu anzunähern versucht. Auf diesem Weg spielen auch kleinere Arbeiten ei ne wichtige Rolle; neben den erwähnten Kabinettscheiben sind dies vor allem Graphiken und Collagen auf Papier, Folgen und Bilderzyklen, die entweder den Boden bereiten für kommende, in Glas auszuführende Werke, oder aber den Weg hin zu einer komplexen Gestaltung flankieren. Arbeiten wie die Gemäldefolge ,,Stufen“, eine Serie von 12 Malereien in Acryl auf Holz, sind da gegen inhaltlich wie formal von großer Eigenständigkeit und zeigen die Entschlossenheit von Marion Hempel, für die künstlerische Vermittlung neuer Ideen auch auf technischem Gebiet neue Felder zu beschreiten.

Uta Neidhardt